Abos!

STIL, STIL, STIL.

Von aussen ein Walserhaus, von innen Wohnstil pur. Für Stubenhocker und Abenteurer, Landliebende und Wanderfreaks hat Holzrausch in Sculms einen Wohntraum geschaffen, der das einfache Leben im abgelegenen Weiler auf eine neue Ebene bringt.


Text: Fridolin Jakober

Bilder: Claudio Ambühl

Zurück zur Übersicht

«Meine Arbeiten müssen eine klare Linie haben, müssen sich integrieren und mit einem Gebäude verfliessen. Sie sollen sich harmonisch in die ganze Architektur einfügen.» Diesem Credo ist Roman Platz seit vielen Jahren verpflichtet. «Und elegant müssen sie sein. Ich mag elegant geführte Linien», fügt er an. Auch diesem Grundsatz lebt er in seinen Entwürfen nach. Sichtbar werden diese Leitsätze etwa in Treppen, Toren, Fenstergittern oder Geländern aus Stahl. Obwohl aus schwerem Material gefertigt, überraschen sie mit einer ästhetischen Leichtigkeit.


Begehbare Objekte

Seit nunmehr über 30 Jahren arbeitet Roman Platz in seiner Schmiede in Alvaneu. Ursprünglich gehörte sie seinem Grossvater. Schon als Kind verbrachte Roman Platz seine Ferien am liebsten in dieser Schmiede. Er absolvierte deshalb nach seiner Schreinerlehre zusätzlich eine Ausbildung zum Metallbauschlosser. Direkt danach machte er seine Leidenschaft fürs Schmieden zu seinem eigentlichen Beruf und übernahm die Werkstatt seines inzwischen verstorbenen Grossvaters. Die Schmiedearbeit blieb die gleiche. Auch die Schmiede mit ihren russgeschwärzten Wänden und den alten Werkzeugen ist noch dieselbe. Roman Platz hingegen entwickelte nach seiner Übernahme schon bald eine eigene Formensprache.  

«Bei Treppen ist das Trittverhältnis wichtig. Sie muss gut begehbar sein. Erst danach kommt die Gestaltung», erklärt er. Er verbringe viel Zeit mit Tüfteln, Ausprobieren und Wiederverwerfen, bis eine Arbeit zur Architektur passe. Eine Treppe sei zum Beispiel für sein Verständnis ein begehbares Objekt. Passt alles, folgt die Materialisierung, manchmal auch in Kombination mit anderen Materialien. Wichtig ist ihm immer die Zusammenarbeit mit Auftraggebern und Architekten. «Es muss ein Miteinander sein», sagt er. «Stimmt das nicht, wäre nicht nur die Zusammenarbeit, sondern auch das Resultat wohl für alle Parteien unbefriedigend», ist er überzeugt. Bei historischen Gebäuden wird in Absprache mit der Denkmalpflege entschieden, welche Bauteile restauriert oder ersetzt werden sollen.


Wie schon sein Grossvater zeichnet Roman Platz Vorlagen zu Arbeiten jeweils gerne mit Kreide auf den Boden seiner Schmiede. Roman Platz in seiner Schmiede in Alvaneu.

Harmonisch eingefügt in die Architektur

Das gemeinsame Einverständnis aller Parteien gilt bei Roman Platz auch für Geländer und Tore. Wobei sich ein Geländer im Innenbereich mit einer klaren Linie in den Raum integrieren müsse, erklärt er. «Zu auffällig darf es nicht sein. Wie eine Treppe muss sich auch ein Geländer harmonisch in die Architektur einfügen.» Deshalb erstellt er auch oft Modelle, um Auftraggebern seine Idee besser erklären zu können.  

Ein Tor hat wiederum sowohl mit dem eigentlichen Gebäude als auch mit der Umgebung zu tun. Es gilt, nebst der Funktion, gestalterische Aspekte miteinzubeziehen, die im Einklang mit allfälligen bestehenden Einfriedungen und dem Gebäude als Ganzem stehen. «Allenfalls können Formen übernommen werden. Wenn nicht, entwickle ich ein Tor, das in die Umgebung und zu seiner Funktion passt», erklärt Roman Platz. Ein Tor soll einerseits zurückhalten, andererseits empfangen. Es zeigt, ob und wo man eintreten kann oder eben nicht. Wenn es in Verbindung mit einem Wohnhaus ist, unterscheidet es sich von einem solchen, das zum Beispiel in einen Friedhof führt. Bei Letzterem bezieht Roman Platz auch einen spirituellen Gedanken in seine Entwürfe mit ein. «In diesem Sinne ist es ein Übergang, eine Schwelle des Daseins», sagt er. «Dem möchte ich gerecht werden.»     

Der Kunstschmied arbeitet vor allem mit Stahl, auf Wunsch auch mit anderen Materialien, wie Messing, Chromnickelstahl oder Holz. Wenn es bezüglich Stil, Sprache und Statik passe, sei das durchaus interessant. Im Innenbereich setzt er fast ausschliesslich rohen, geölten Stahl ein. Im Aussenbereich sind die geschmiedeten Objekte meist farbbehandelt. «Es ist immer das ursprüngliche, ehrliche Rohmaterial, das mich fasziniert und das ich mag», sagt er.


Treppe aus rohem Stahl geölt, mit geschwungener Innenwange in einem historischen Wohnhaus.Treppe aus rohem Stahl geölt, mit geschwungener Innenwange in einem historischen Wohnhaus.

Vom Türschloss bis zum Fenstergitter

Roman Platz schmiedet aber nicht nur Neues. Ein grosser Teil seiner Arbeit betrifft Restaurierungen. Von der Materialität her ist es nicht nur Stahl, sondern auch Aluminium, Messing oder etwa auch Kupfer, dem er die alte Pracht zurückgibt. So etwa bei Türschlössern, Fenstergittern, Balkongeländern, Wetterfahnen oder Auslegern von Restaurants. «Es ist erstaunlich, welche Materialien früher verbaut wurden, die man im ersten Moment gar nicht erkennt, weil sie mit Farbe, Patina oder Oxydation überdeckt sind», erzählt er. Entsprechend brauche es Vorsicht, weil nicht immer vorhersehbar sei, was zum Vorschein komme. Fehlende Teile schmiedet Roman Platz mit viel Liebe zum Detail nach. «Es braucht aber ein gutes Gespür dafür, was ergänzt werden soll», weiss er. In jedem Fall zu ergänzen, mache nicht immer Sinn, weil die fehlenden Teile auch ein Abbild der Zeit seien. Priorität hat für ihn immer ein stimmiges Gesamtbild des zu restaurierenden Objektes. Das sucht er auch bei Restaurationen in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege. Bei Arbeiten im Aussenbereich ist zudem die Berücksichtigung der Witterung wichtig. Ein Objekt mit seinen verschiedenen Farbtönen und den echtvergoldeten Zierelementen soll mit einer guten Ölfarbfassung auf längere Zeit hinaus wieder Freude bereiten. Roman Platz orientiert sich deshalb an den originalen Farbfassungen, die er in einem vorgängigen Befund feststellt und innerhalb der Restaurationsarbeit nachempfindet. 


Ein stahlgeschmiedetes, bronziertes Objekt aus der Schmiede von Roman Platz.

Der Sinn historischer Fenstergitter

Alte Steinbauten, vor allem im Engadin und im Albulatal, wurden früher oft mit Fenstergittern versehen. Die damaligen Bauherren zeigten damit ihren gesellschaftlichen Status. Die Gitter waren vor allem Schmuck und zeigten dies mit einer üppigen Präsenz. Leisten konnte sich diese kunstvoll geschmiedeten Gitter also nur, wer über die nötigen finanziellen Mittel verfügte. Um dies zu unterstreichen, wurden sie auch gerne einmal mit Blattgold verziert. Mit den prachtvoll geschmiedeten Gittern hob man sich vom bäuerlichen Stand ab, der sich mit den
hölzernen Lauben begnügte. Im Erdgeschoss wurden gerade geschmiedete Gitter als Einbruchschutz eingebaut. Bauchige Fensterkörbe in den oberen Etagen waren einerseits Zierde und erlaubten zudem eine bessere Sicht auf die darunterliegende Gasse. Sie dienten damit auch einer sozialen Kontrolle. Wer wissen wollte, was unten passierte, dem war ein bauchiges Gitter von Vorteil. Er konnte sich weiter aus dem Fenster lehnen. Heute werden diese Gitterkörbe oft mit Blumen gefüllt, welche die stattlichen Häuser auf ihre Weise schmücken.