Sora giuvna
Natu?rlich soll sich die neue Bru?cke von der alten nicht abheben. Die Stahlteile werden also in heller Farbe im Ton der bestehenden Fachwerkbru?cke lackiert und vom Material her passen die Bru?cken zueinander. Trotzdem ist die «junge Schwester» ein ganz anderes Kaliber als die bestehende Fachwerkbru?cke neben ihr. Während das Fachwerk der älteren Schwester vor Ort vernietet werden musste, können heute bedeutend grössere Bru?ckenteile vorgefertigt und mit Tiefladern angeliefert werden. Auch von der Konstruktion her
stellt die Sora giuvna höchste Anforderungen. Denn auf den beiden neuen Hauptpfeilern, welche bereits vor Ort fundiert und betoniert wurden, werden zwei V-Stiele mit je vier Fingern den halbmondförmig gebogenen Stahlkasten der neuen Bru?cke tragen – elegant, als wu?rden sie diesen wie einen Teller servieren. Entworfen wurde diese Bru?cke von einem internationalen Team aus Architekten
und Ingenieuren. Es sind dies Ian Firth aus London, Andreas Galmarini aus Zu?rich und Dissing + Weitling aus Kopenhagen. Sie lieferten einen gesamtheitlichen Entwurf, der die komplexe Fragestellung einer zweiten Bru?cke auf einleuchtende Weise beantwortet: «Wir sind u?berzeugt von der Einfachheit unseres Projekts. Es gibt nur noch zwei Bru?cken, die ältere und die ju?ngere Schwester. Die ju?ngere ist
transparent, um respektvoll den Blick auf die elegante ältere Schwester freizuhalten. Sie bekennt sich durch Materialisierung und geometrische Bezu?ge zu ihrer Verwandtschaft und ist dank ihrer Formsprache und dem Abstand zur älteren eine starke eigene ‹Persönlichkeit›. » (Zitiert nach: Clementine Hegner-van Rooden, Bru?ckenduett, TEC21 48/2015)
Bauarbeiten im Gang
Allerdings erfordert der Bau der Sora giuvna auch einige bauliche Veränderungen am Osthang u?ber dem Bahnhof Reichenau-Tamins
und eine Verbreiterung des Dammes auf der Su?dwestseite. Wer im letzten Jahr ab und zu auf der A13 verkehrte, bekam das auch mit. Das Bru?ckenende auf der Churer Seite kommt auf einen Auflagerkörper zu liegen, der in die bestehende Natursteinmauer eingelassen ist. Wegen der gewählten Linienfu?hrung C – sie fu?hrt die Bru?cke in einem Bogen gekru?mmt u?ber das Wasser – sind auch am östlichen Hang Änderungen nötig. So wird dort die obere Stu?tzmauer durch eine Steilböschung ersetzt. Dazu werden 31 000 Kubikmeter vom Hang abgetragen. Derzeit werden die Stahlbauteile der Bru?cke in den Werkstätten realisiert, was höchste Präzision und grosses Stahlbau-Knowhow erfordert. Dieses findet sich tatsächlich in der unmittelbaren Region. Die Stahlkästen werden von Jörimann Stahl, Bonaduz/Walenstadt, und Schneider Stahlbau, Jona, gefertigt, die V-Stiele kommen von Toscano Stahlbau, Cazis. In der neuen Montagehalle von Toscano Stahlbau bewegen zwei 32-t-Laufkräne die bis zu 40 Tonnen schweren Stahlfinger, die mächtigen Stahlplatten werden millimetergenau verschweisst. Die Bru?cke wird im Fru?hling 2018 in einer Feldwerkstatt zusammengesetzt – zu Elementen von
bis zu 40 Metern Länge. Raupenkräne bringen sie dann Anfang April in ihre endgu?ltige Position, wo sie untereinander verschweisst
werden, und ab dem 4. November 2018 wird dann die neue Hinterrheinbru?cke den gesamten Zugverkehr tragen, während die alte Bru?cke so instand gestellt wird, dass sie mindestens fu?r weitere 50 Jahre von den Zu?gen in die Surselva benutzt werden kann. All dies wurde in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege und dem Bundesamt fu?r Kultur geplant und realisiert. So fu?hren die Veränderungen nsgesamt zu einer Beruhigung im Landschaftsbild und wer dannzumal auf der A13 von Su?den her auf die Bru?cken zufährt, wird eine Einheit aus Stahl sehen, die ältere und die ju?ngere Schwester, die zusammen mit der schon sanierten Strassenbru?cke den Zusammenfluss der Rheine und das Schloss Reichenau einrahmen.