Logistik beim Sasslatschtunnel
Doch obwohl das von Sersa Rhomberg entwickelte Tu?bbing-
Handling-Gerät im In- und Ausland Aufsehen erregte, wurde es
bei der Sanierung des Sasslatschtunnels nicht eingesetzt. Denn
hier setzten die beauftragten Bauunternehmen die Tu?bbings mit
einem Handling-Gerät, welches auf einem Strassenfahrzeug montiert
war. Entgegen dem Vorgehen im Glatscherastunnel wurde
der Sasslatschtunnel in einer Totalsperre von 20 Wochen saniert.
Auch hier u?bernahm der Gu?terverkehr RhB die Bahnlogistik. Die
Tu?bbings wurden diesmal von tba Trimmiser Baustoffe AG gefertigt,
wo sie gelagert und – dank Gleisanschluss – anschliessend in
der Reihenfolge der Montage direkt auf die Bahnwagen verladen
werden konnten. Der beladene Gu?terextrazug mit den Tu?bbings
fuhr jeweils zum Installationsplatz am Tunnelportal im Engadin, wo
sie abgeladen wurden. Das Bauunternehmen fuhr sie mit eigenen
Strassenfahrzeugen in den Tunnel. So ist es jeweils der Unternehmer,
der entscheidet, wie er arbeiten will, und der Gu?terverkehr RhB, der dann – auf Kundenwunsch – jeweils die gefragten
Logistikdienstleistungen
ausarbeitet. Das Logistikkonzept wird also
den Bedu?rfnissen des Bauunternehmens angepasst. Die Sanierung
unter laufendem Betrieb verlangt sowohl von den beteiligten
Unternehmen wie vor allem von den Logistikern der RhB eine
Menge an Koordination. «Im Bereich Logistik», so Wiro Capol,
«erfolgte die Absprache laufend zwischen der Disposition Gu?terverkehr,
dem Lieferanten wie auch dem Bauunternehmer. Je
nach Lage der Baustelle werden die Baumaterialien wie auch
die Betonfertigelemente direkt mit Bauzu?gen angeliefert – meist in
einer Nachtzugpause. Es gibt jedoch auch Situationen, wo die
Materialien zuerst zwischengelagert und erst nach Bedarf von der
Baustelle ab dem Zwischenlager abgerufen werden.»
Höher, breiter, sicherer
Doch was wird bei der Sanierung der Tunnels gemacht? Laut Karl
Baumann, dipl. Bauingenieur ETH SIA, dem Leiter Kunstbauten der
RhB, hat das beim Bahnbau vor hundert Jahren gewählte Hufeisenprofil
der RhB-Tunnels den Nachteil, dass seine geraden Paramente
(die Seitenwände) nur einen kleinen Widerstand gegen
horizontale Beanspruchungen aufweisen. Die neuen Paramentelemente
– also die eingebauten gewölbten Tu?bbings – wirken
dem horizontalen Druck viel besser entgegen. Unter den Gleisen
wird vorab eine Sohlplatte betoniert, welche den kraftschlu?ssigen
Ringschluss zusammen mit den Tu?bbings bildet. Zudem gibt es hinter
den Tu?bbings eine Entwässerung, mit welcher man dem eindringenden
Wasser Herr wird. Das Tunnelprofil wird seitlich und
nach oben deutlich aufgeweitet, um das nötige Lichtraumprofil
nach den gu?ltigen Normen zu bekommen und Sicherheitsräume
zu schaffen. So gibt es breitere Fluchtwege und im Havarie- oder
Brandfall kommen die Rettungskräfte besser in die Tunnels.
Die Tunnel-Normalbauweise ist auf Langlebigkeit ausgelegt und
darauf, in Zukunft die grösseren Tunnelquerschnitte fu?r den Gu?terverkehr
nutzen zu können. Denn, so Wiro Capol, «in der Logistikbranche
wird tendenziell vermehrt mit grösseren Transport-
volumen
gearbeitet. Dabei wird versucht, die vorhandenen Transporthöhen
und -breiten möglichst auszunutzen. Mit den
neuen Tunnelquerschnitten ist es dem Gu?terverkehr RhB möglich,
effizienter zu transportieren. Vor allem im kombinierten Verkehr
kann das vorhandene Wagenmaterial besser ausgenutzt und es
können alle strassengängigen Container, Wechselbehälter wie
auch ACTS-Abrollcontainer transportiert werden. Im Strassenbereich
kann derzeit mit einer maximalen Höhe von 4 Metern
und einer Breite von 2,555 Metern, bei Ku?hlwagen bis 2,6 Metern,
transportiert werden. Mit dem neuen Tunnelprofil wu?rde der
Gu?terverkehr RhB diesen Strassennormen annähernd entsprechen
und damit seine Wettbewerbsfähigkeit gegenu?ber dem
Strassentransport deutlich verbessern.»
Gleichzeitig aber lassen sich die Baukosten senken, denn weil
man in vielen Bereichen immer gleich vorgeht, können die
Planungen vereinfacht und speziell entwickelte Geräte – wie das
Tu?bbing-Handling-Gerät und die mit Fahrschienen ausgeru?steten
Transportrahmen – immer wieder verwendet werden. Das Bauen
wird also fu?r die RhB als Bauherr gu?nstiger, die sanierten Tunnels
leben wieder 70 bis 100 Jahre und die grösste Schmalspurbahn
der Schweiz kann saniert und mit grösseren Transportprofilen in die
Zukunft fahren.