Wir sitzen uns im Büro in Masein gegenüber, auf dem Tisch zwischen uns steht seine Skulptur «Mann, Frau hinterherschauend». Vor dem Fenster fallen ein paar letzte Schneeflocken, auf den Figuren ein bronzener Schimmer. Rini – also eigentlich Rinaldo Collenberg – ist 41-jährig, verheiratet, gelernter technischer Modellbauer. Nach der Lehre in der Giesserei Chur wechselte er in die Dienstleistungsbranche, denn wegen eines Herzfehlers konnte er den erlernten Beruf nicht mehr ausüben – zu viel Staub, zu streng, zu laut. Dann kehrte er auch der Dienstleistungsbranche den Rücken. Vor elf Jahren – 2011 – begann seine künstlerische Laufbahn. Rini mietete eine Garage, einen Raum, wo er an Modellschiffen herumschraubte, bastelte, malte. Auch bildhauerisch versuchte er sich.
Plastisch gestalten
Seine erste Figur meisselte er aus fünf Ytong-Steinen, die er mit Mörtel zusammengemauert hatte. «So entstand das. Das Malen steckte ich später zurück, das war mir zu ruhig, ich brauchte mehr: modellieren, formen, sägen, schleifen, so ein bisschen Bewegung halt, so ergab sich das.» Aus seinem erlernten Beruf kennt Collenberg mittlerweile eine Reihe von Materialien und auch, wie sie am besten zu bearbeiten sind: Beton, Metall, Holz. Vorbilder hat er keine. «Ich gehe nicht ins Kunstmuseum. Ich machte mal einen Malkurs, da lernt man die Technik. Aber noch länger dauert es, bis man das wieder wegbekommt, denn in jedem Kurs ist auch immer ein Touch des Lehrers drin.» Zu seiner vielfältigen Motivpalette gehören Tänzerinnen, Seiltänzer, Leser, Artisten, Kraftmenschen, Golfer, aber auch Don Quichotte auf seiner Rosinante oder ein Wildschwein.
Wie er diese Motive findet? «Für mich steht das Herstellen im Vordergrund, das Experimentieren, ich studiere nicht gross, wenn ich was mache. Ich sehe eine Sequenz und sage mir: Komm, das machen wir mal. Meist gehe ich nicht vertieft in eine Figur hinein, ich frage gleich nach ihrer Realisierbarkeit. Wie bekomme ich die Stabilität? Wie will ich das formen? Man soll gleich sehen, dass die Figuren glücklich sind. Das zu vermitteln, ist mein Ziel.» Bei «Don Quichotte» kam ein Kunde ins Büro, legte ihm ein selbst nachgezeichnetes Bild hin mit dem Auftrag: «Mach mir das!» – «Ich nahm die Herausforderung an. Schaute, wie ich es machen muss, damit es statisch funktioniert. Die Figur sollte wetterfest sein, das war die Herausforderung.» Die Kunden kommen zu ihm und sagen: «Ich brauche ein Geschenk.» Oder die Familie hat einen Hund und hätte gerne eine Hundeskulptur. «Für mich ist das Schaffen der Skulptur die Arbeit, statt einer grossen Geschichte dahinter.»
Inspirationsquellen
Das Leben selber ist ihm Inspirationsquelle: «Letzte Woche war ich im Zirkus Knie. Kaum hatte sich der Vorhang geöffnet, schon sah ich hundert Motive. Die Tänzerinnen, die Akrobaten auf der Wippe – auch der Vorhang selbst. Es muss für mich dynamisch sein, wenn ich beginne, das zu formen.» Collenberg betrachtet das Werk auf dem Tisch: «Heute würde ich die Waden stärker betonen und den Hals anders gestalten.»
Aufträge umsetzen
Im Material selbst stecken die Herausforderungen. Seine Leidenschaft ist die Realisierung im Handwerklichen, das Schweissen, das Formen. «Deshalb hab ichs ganz gerne, wenn jemand kommt und mir eine Idee für eine Skulptur unterbreitet. Daraus mache ich etwas und wenn ihm das fertige Werk gefällt, nimmt ers. Sonst bleibt es halt im Büro.» Für die Figur vor uns hat Collenberg erst ein Gerüst aus Metall aufgeschweisst, danach hat er die Figuren darum aufmodelliert und die schwarze Masse schliesslich mit Acrylfarben angemalt. «Ich arbeite die richtige Tönung heraus, mit Pigmenten, bis sie für mich stimmt. Die modellierte Masse selbst ist bloss schwarz, damit kann ich nichts anfangen.» Aber es gibt eine ganze Palette von Farben. Damit streicht er seine Plastiken an, so wie ihn der Moment inspiriert: «Ich gehe da nicht zu sehr in die Tiefe.»