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BETON, EIN ALLGEGENWÄRTIGER BAUSTOFF.

Beton ist aus der Gesellschaft kaum wegzudenken – und wird es auch in Zukunft nicht sein. Umso wichtiger ist die Wiederverwertung, um natürliche Ressourcen zu schonen.


Text: Maya Höneisen

Bilder: Ingo Rasp; Griston Holding AG, Untervaz; Guido Baselgia; Andy Meisser

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Schon vor etwa 14 000 Jahren benutzten Handwerker im Osten der heutigen Türkei Mörtel als Bindemittel, um Ziegelsteine zu vermauern. Der Mörtel bestand aus gebranntem Kalk. Jahrtausende später, im damaligen Römischen Reich, erlebte er, zusammengefügt aus erhärtetem Mörtel und Steinbrocken, einen ersten Durchbruch. In ganz Europa entstanden auf dieser Grundlage monumentale Bauwerke, die auch heute noch zu bewundern sind. Im Mittelalter geriet der Beton allerdings wieder in Vergessenheit. Erst um 1700 wurde er wiederentdeckt und zum Baustoff in unserer modernen Gesellschaft weiterentwickelt.  


Festgelegte Kontingente

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg zog auch der Beton mit. Autobahnnetze wurden gebaut. Anfangs noch mit Betondeckschichten versehen. Die  Plattenbauweise gab damals allerdings ein recht holperiges Fahrgefühl. Gleichzeitig brachte der Bauboom in den 60er-Jahren auch zahlreiche Betonbauten im Bereich von Wohnsiedlungen und öffentlichen Bauten. Betonbauten wiesen zahlreiche Vorteile auf. Darunter die Erdbeben­sicherheit, um nur einen zu nennen. In diesen Zeitraum fällt im Kanton Graubünden auch die Gründung der Kieswerke entlang des Rheins. Mit dem Kiesabbau und der Beton­herstellung entstanden grosse Bauwerke: Wasserkraftwerke, Staumauern, Autobahnerschliessungen und Viadukte. Solche Bauten verlangten viel Kies. Entsprechend stieg die Nachfrage. «Das begründete den Bau diverser Kies- und Betonwerke entlang des Rheins. Es garantierte Beton aus der Region mit kurzen Transportdistanzen», weiss Gian-Paolo Pozzy, Präsident Verband Bündner Beton- und Kiesindustrie (VBBK). Der nötige Kies wurde aus dem Rhein geschöpft. Man stellte dabei jedoch bald einmal fest, dass die Rheinsohle sich zu senken begann. Es galt, Massnahmen gegen einen zu starken Abbau zu ergreifen. Über ein Monitoring im Geschiebe wurden Kontingente festgelegt. «Das Geschiebe muss auf der ganzen Rheinsohle vom Ursprung bis zum Ende des Bodensees ausgeglichen sein», erklärt Peter Cadalbert, Ressortleiter Technik, Verband Bündner Beton- und Kiesindustrie. Kontrolliert wird der Abbau über das Inspektorat des Fachverbandes der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie (FSKB) im Auftrag des Amts für Natur und Umwelt (ANU GR) und von Fachspezialisten des Kantons.  


Der Bauboom in den 60er-Jahren begründete auch den Bau des Kies- und Betonwerkes in Untervaz.

Kreislaufwirtschaft muss gewährleistet sein

Die Menge an verfügbarem Kies zur Betonherstellung ist also beschränkt. Das bedingt ein Nachdenken über eine Wiederverwertung. «Ziel der Branche ist, dass die Kreislaufwirtschaft gewährleistet ist», hält Peter Cadalbert fest. «Es ist schade, wenn für gewisse Produkte Primärkies nur einmal verwendet wird. Wir beachten in der Kreislaufwirtschaft also, dass wir Material aus bestehenden Häusern, die rückgebaut werden, wiederverwenden können.» Wichtig, zumal die Zementindustrie durch den Umwandlungsprozess von Kalkstein weltweit zu den grössten CO2-Verursachern zählt. Tatsächlich begann die Branche schon vor etwa 20 Jahren mit der Aufbereitung von Recyclingprodukten. Auch beim Zement wird inzwischen nach Lösungen mit Mischabbruchgranulaten gesucht. Gemäss Gian-Paolo Pozzy werden heute rund 80 Prozent der gesamten Bauabfälle aus Abbrüchen oder Umbauten wiederverwertet. Das betrifft bei einem durchschnittlichen Haus Beton- und Mischabbruch sowie Material in Form von Holz, Metallen, Glas und Gips. Wichtig sei, dass bei einem Rückbau eines Hauses die Materialien schon vor Ort getrennt würden. Denn je reiner sie auf den Sortierplatz kämen, desto einfacher sei die Wiederaufbereitung, hält er fest. Auf den 42 von der Kies- und Betonindustrie bewirtschafteten Aufbereitungsplätzen im Kanton werden pro Jahr so etwa 250 000 Kubikmeter mineralische Bauabfälle der Wiederverwertung zugeführt. Als Churer Beispiele von Projekten, bei denen wiederverwertete Baustoffe verwendet wurden, nannte Gian-Paolo Pozzy das neue kantonale Verwaltungsgebäude Sinergia sowie die erste Etappe der Wohnüberbauung Kleinbruggen.


Das Konvikt in Chur realisierte der Architekt Otto Glaus mit seinem damaligen Büropartner Hans-Rudolf Lienhard in den Jahren 1967 bis 1969.

Noch keine gesetzliche Regelung

Trotz recyceltem Material braucht es bei Neubauten aber auch immer noch Primärmaterial. «Es ist deshalb ebenfalls wichtig, dass wir natürliche Kiesressourcen und Gebiete zur Kiesgewinnung erhalten», so Peter Cadalbert. Es sei immer eine Zusammenführung von Recyclingmaterial und Primärmaterial. Eine Zeit, in der viel gebaut wird, löst immer auch viel Rückbau aus. Folglich könne mehr recycelt werden. So seien es momentan Häuser aus den 70er- und 80er- Jahren, die aus dem Rückbau viel Material für neue Bauten liefern würden. Gesetzlich geregelt ist bis heute allerdings noch nicht, wie viel recyceltes Material für einen Neubau verwendet werden muss. Nach Meinung von Gian-Paolo Pozzy besteht hier noch eine Gesetzeslücke. Trotzdem sei der Verband der Meinung, dass ein gewisser Anteil an recyceltem Material eingesetzt werden müsse. In diesem Sinn also eine «Wiederverwertungspflicht» eingeführt werde. Dies, auch wenn heute recyceltes Material in der Herstellung durch die verschiedenen Produktionsschritte noch teurer ist als Primärmaterial. Im Bestreben, eine saubere Kreislaufwirtschaft und eine Reduzierung von CO2 zu erreichen, wäre seiner Meinung nach eine Preisgleichheit wichtig. «Unser Ziel ist es, in Zukunft nicht mehr zwischen Primär- und Sekundärbaustoffen zu unterscheiden, sondern von Baustoffen zu sprechen, welche die einschlägigen Normen erfüllen. Das heisst, die Qualität steht im Vordergrund», so Pozzy.     

Fest steht, dass mit intelligenten Recyclingkonzepten natürliche Ressourcen geschont werden können. Ebenso sicher ist, dass die Bedeutung des Recyclings in Zukunft weiter zunehmen wird. Um diese Chancen wahrnehmen zu können, ist es wichtig, dass bereits Bau-Planungen auf ökologischer und entsorgungsgerechter Bauweise basieren.


Der Unterhaltsstützpunkt, realisiert von Bearth & Deplazes, auf dem Berninapass dient der Sicherung der Strassenverbindung ins Puschlav.

Pioniere im Betonbau

Joseph Monier (1823 bis 1906) war ein französischer Gärtner, Erfinder und Unternehmer. Er gilt als Erfinder des Eisenbetons. Monier entwickelte Pflanzkästen für den Transport von Orangenbäumchen in den herrschaftlichen Gärten aus einer Mischung aus Zement, Sand, Schlacke oder Ziegelbruch und Wasser sowie einer Einlage aus Drahtgewebe. Später verwendete er das Prinzip auch bei Felsengärten und kleineren Brücken, Treppen und Betonträgern. Auf seinen Namen geht die Bezeichnung «Moniereisen» zurück.

Die Idee von François Hennebique (1842 bis 1921) bestand darin, standardisierte Bauteile wie Rippendecken, Stützen, Wände und Balkone gezielt mit einzelnen Einlagen in Form von Eisenstäben zu einem monolithischen Bauwerk zusammenzuführen. Diese Grundidee liess der französische Ingenieur im Jahr 1892 patentieren. Hennebique eroberte den Hochbau, indem er mit einer Organisation von Lizenznehmern seine Technologie vor allem im französischsprachigen Teil Europas rapide verbreitete. Im Jahr 1903 erklärte man sein Patent als ungültig und gab dem älteren von Joseph Monier aus dem Jahr 1878 den Vorzug.

Der Ingenieur Eugène Freyssinet (1979 bis 1962) gilt als Erfinder des Spannbetons. Freyssinet befasste sich intensiv mit der Erforschung der Eigenschaften und des Verhaltens von Beton und der Entwicklung von Spannbeton. Aus den Langzeitverformungen des Betons schloss er, dass für ein wirksames Vorspannen von Beton eine hohe Stahl- und Betonfestigkeit sowie hohe Spannkräfte erforderlich seien. Im Jahr 1928 meldete er das grundlegende Patent zum Spannbeton mit Verbund im Spannbett an.

Robert Maillard (1872 bis 1940) war als Ingenieur und Brückenbauer im Kanton Graubünden bekannt. Mit dem neuen Werkstoff Stahlbeton schuf er Anfang des 20. Jahrhunderts zahlreiche richtungsweisende Bogenbrücken und entwickelte die Pilzdecke. Im Jahr 1930 baute er die Salginatobelbrücke bei Schiers, zehn Jahre später die Tavanasa-Brücke über den Rhein. Beide Brücken fanden in der Fachwelt grosse Beachtung.


Für die Steinkirche in Cazis wurde eine Konstruktion aus Spritzbetonschalen entwickelt.

Auszug aus der im Jahr 2016 verabschiedeten Nachhaltigkeitsstrategie des Fachverbandes Schweizerische Kies- und Betonindustrie (FSKB).

Vision

  • Mineralische Baustoffe werden ressourcenschonend hergestellt, mehrfach rezikliert und am Ende ihres Lebenszyklus fachgerecht abgelagert.

Grundsätze

  • Nachhaltigkeit ist ein unverzichtbares und integrales Handlungsprinzip entlang der ganzen Wertschöpfungskette von mineralischen Baustoffen.
  • Der FSKB konzentriert sich auf Massnahmen, auf die er direkt Einfluss nehmen kann wie temporäre Bodennutzung, Ressourceneinsatz und Einlagerung der nichtverwertbaren mineralischen Aushub- und Rückbaustoffe.

Ziele

  • Der FSKB setzt sich ein für eine sichere und wirtschaftliche Versorgung der Schweizerischen Bauwirtschaft mit ressourceneffizient und dezentral hergestellten mineralischen Baustoffen.
  • Der FSKB unterstützt die Optimierung des Ressourceneinsatzes bei der Herstellung mineralischer Baustoffe, insbesondere indem er Grundlagen und Rahmenbedingungen schafft, die eine ressourcenschonende und möglichst schadstoffarme Herstellung mineralischer Baustoffe fördern, sowie Primär- und RC-Baustoffe und deren Mischprodukte kontinuierlich verbessert und möglichst lange im Kreislauf behält.

Massnahmen

  • Der FSKB setzt sich ein für eine dezentrale, regionale Kiesversorgung und für eine stufengerechte sowie praxisnahe Gesetzgebung und Normierung.
  • Der FSKB setzt sich ein für eine Rekultivierung des Bodens nach Abbau und Wiederauffüllung gemäss dem Stand der Technik, so dass er ohne Qualitätsverlust seiner ursprünglichen Zweckbestimmung zugeführt werden kann.
  • Der FSKB setzt sich dafür ein, dass sich mineralische RC-Baustoffe als
    gleichwertig zu Baustoffen aus primären Quellen etablieren und eingesetzt werden können.
  • Der FSKB setzt sich ein für kurze Transportwege der mineralischen Bau-
    und Rückbaustoffe. Ebenso ein Anliegen sind ihm effiziente, schadstoffarme und ressourcenschonend gestaltete Arbeits- und Produktionsabläufe.  



Vollständige Strategie auf: www.fsbk.ch

Verband Bündner Beton- und Kiesindustrie
Kieswerk Untervaz AG, Kieswerkstrasse 6, 7204 Untervaz
Tel. 081 307 47 00
info@vbbk.ch
www.vbbk.ch