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MÖBEL VON HINTER DEN SIEBEN BERGEN.

Designermöbel sind in. Der  gestalterische Grundsatz «Form folgt Funktion», gipfelt oft im Kult eines einzelnen Objektes, wie dem einzigartigen Ball Chair von Eero Arnio, oder dem legendären Lounge Chair von Charles & Ray Eames. In die Liste interna­tional bekannter Möbeldesigner reihen sich auch einige bekannte Schweizer Namen wie Le Corbusier, Max Bill, Max Ernst Häfeli und Hans Coray.

Text: Markus Mehr
Bilder: Landi, Hans Coray ©Vitra (www.vitra.com), Hubert Carigiet, Holzrausch,
Mathias Kunfermann/Naturpark Beverin

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Der gebürtige Bündner Hans Coray (1906 bis 1991) hat es mit seinem Entwurf «Landi-Stuhl» in den Olymp des Designs, nämlich ins MOMA (Museum of Modern Art) in New York, dem Museum für Design schlechthin, geschafft. Hans Coray entwarf den «Landi-Stuhl» 1938 für die Schweizer Landesausstellung 1939 in Zürich. Der Stuhl wurde x-tausendfach hergestellt und reproduziert und zählt zu den meistverkauften Möbeln weltweit.

An Kreativität und guten Würfen fehlt es nicht

Seither fehlt es an derart erfolgreichen Bündner Designern, nicht aber an spannenden Arbeiten und Entwürfen aus Graubünden. Die Designer der Neuzeit haben an Hochschulen oder Universitäten studiert. Daneben gibt es aber auch viele aktive, autodidaktische Praktiker wie Schreiner, Zeichner und Konstrukteure. Die Kreativität wird schon an der Basis gefördert. So entwerfen Schreinerlehrlinge bereits während der Lehre ihre eigenen Desig­nermöbel. Es entsteht ständig eine Vielzahl schöner, intelligenter und vor allem ökologischer Möbel in Graubünden, meist individuell vom Handwerker im Kundenauftrag gefertigt. Selten schaffen es einzelne zu Kleinserien, oft bleibt es beim Prototypen oder beim Einzelauftrag. Daraus lässt sich die Frage ableiten, ob die Design-Ikonen von einst noch den Idealen und Wertvorstellungen der Konsumenten von heute entsprechen. Im Zuge der Globalisierung wurden die Werte der regionalen Vernetzung und Wertschöpfung neu entdeckt und wieder belebt. «Aus der Region – für die Region» liegt im Trend, nicht nur im Nahrungsmittelsektor. Durch die Verwendung einheimischer Werkstoffe, kurzer Transportwege, lokaler Produktion und Fertigung durch einheimische Fachkräfte, wird das Maximum an Wertschöpfung für die Region erzielt. Dies ist aus ökonomischer und ökologischer Sicht interessant. Genau diese Kriterien entsprechen offensichtlich dem Bedürfnis des Kon­sumenten. Und genau deswegen  ist er bereit, mehr dafür zu bezahlen. Warum also nicht auch bei Möbeln? Diese Frage müssen sich die Möbelindustrie und die regionalen Produzenten gleichsam stellen. Denn ohne professionelles Marketing, gut organisierte Vertriebskanäle und ausreichend Absatzstellen werden regional gefertigte Möbel im Markt kaum Erfolg haben. Gefordert sind Grosshändler und Produzenten wie beispielsweise Möbel Pfister oder Vitra, welche sich zu strategischen Kooperationen mit den regionalen Urhebern bekennen müssten.


Überlanger Tisch mit Bänken aus Arvenholz: Bündner Design in Harmonie mit Designklassiker «Eames DAW Chair»Schlicht und funktional: Papierkorb aus massiver Eiche, Eckverbindung mit Fingerzinken.Esstisch «Falera» von Holzrausch Innenarchitektur und Möbeldesign: Moderne Form kombiniert mit Antikholz.

Vernetzung nach aussen – Zusammenarbeit nach innen

Genau diesen Ansatz verfolgen neue Projekte, wie beispielsweise das im Vorarlbergischen realisierte Vorzeigeprojekt «Werkraum Bregenzerwald». Darin schliessen sich rund 80 klassische Handwerksbetriebe, meist familiengeführte Unternehmen zusammen und bekennen sich zum regionalen Handwerk. Im Zentrum der gemeinsamen Anstrengungen steht das Werk und dieses macht über Grenzen hinweg auf sich aufmerksam. Die Arbeiten vom «Werkraum Bregenzerwald» sind international präsent, die innovativen Handwerker im In- und Ausland gefragt und wirken nach aussen mit Ausstellungen, Wettbewerben, Vorträgen, und nach innen mit Entwicklungsarbeit und Nachwuchspflege.
 
Ähnliche Bestrebungen verfolgen die Regionalentwickler der sechs Regionen Graubündens gemeinsam mit innovativen Möbelschreinern, Architekten, Designern und Möbelhändlern. Und: Sie orten gerade im Produktdesign und der Möbelproduktion viel Potenzial für zusätzliche Wertschöpfung. Bereits wurden Tagungen organisiert, bei welchen die Branche nebst dem Er­fahrungsaustausch Ideen generiert, Synergien diskutiert und Lösungsansätze zur Ankurbelung der einheimischen Möbelproduktion formuliert. Der derzeitige Trend hin zu alpinem Lifestyle birgt für unseren Kanton zusätzlich ein riesiges Potential.

Man darf gespannt sein, ob bald Bündner Designer und Produzenten im internationalen Wettbewerb um Design und Designermöbel mitmischen werden. Wie einst Hans Coray aus Sagogn.

Erstes Vorzeigeprodukt

Ein erstes bemerkenswertes Produkt aus der Region Viamala nach ökologischem Muster ist bereits entstanden. Mit «Randulina» wurde interdisziplinär ein modulares Möbelsystem entwickelt und in Produktion gebracht. Mit einheimischen Ressourcen wie Holz und Granit, in lokaler Produktion in Zillis bei TM Schreinerei hergestellt, von der Region (Naturpark Beverin, Regio Viamala) vermarktet und in Kooperation mit Möbel Stocker in Chur professionell vertrieben, bringt «Randulina» die idealen Voraussetzungen mit, sich erfolgreich im Markt zu positionieren.


Ökologischer geht es nicht: Vom Wald über die Sägerei in die Produktion, auf kürzestem Weg in den Handel. Dies als Rezept zur maximalen Wertschöpfung. «Randulina», romanisch für Schwalbe, bezieht sich auf die traditionelle Verbindungstechnik mit Schwalbenschwanz-Bindern.


Randulina