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INNOVATION ALS BEKENNTNIS.

«Khum hai go schaffa»: Was wie ein Motto tönt, steckt in der Philosophie des international tätigen Hightech-Unternehmens Oblamatik AG. Beim Neubau des Innovations- und Kompetenzzentrums wurden höchste Qualität bei der Arbeitsplatzgestaltung und neueste Technologien umgesetzt.  


Text: Maya Höneisen

Bilder: Ingo Rasp

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Nach knapp zwei Jahren Bauzeit ist die Oblamatik AG im Juni dieses Jahres in ihr neues Innovations- und Kompetenzzentrum auf dem Churer Rossboden eingezogen. «Unsere Räumlichkeiten im Stadtzentrum boten uns keine Expan­sionsmöglichkeiten», nennt CEO Roland Obrist den einen Grund für den neuen Standort. Der andere war, mit dem neuen Gebäude und einzigartigen Arbeitsplätzen auch weitere hoch qualifizierte Mitarbeiter ins Boot holen zu können. Roland Obrist setzt die Ziele klar: «Wir wollen der beste Arbeitgeber im Kanton Graubünden sein. Dafür brauchen wir ein Gebäude, welches auch diese Priorität erfüllen kann.» Gleichzeitig war das Unternehmen konfrontiert mit den Wünschen von Mitarbeitenden nach Homeoffice. Was das innovative Unternehmen wiederum dazu brachte, ein Arbeitsumfeld zu kreieren, in dem sich der Mitarbeitende wie zu Hause fühlt. Der Grundgedanke zum Konzept für den Neubau lag also nahe: «Khum hai go schaffa». «Um kreativ und innovativ zu sein, müssen Mitarbeitende sich wohlfühlen. Das heisst, wir müssen ihnen ihren Arbeitsplatz entsprechend gestalten», ist Roland Obrist überzeugt. Der Auftrag an das Architekturbüro war denn auch nicht, ein Nullachtfünfzehn-Firmengebäude zu planen und zu bauen, sondern ein Gebäude mit der Atmosphäre eines grossen Einfamilienhauses.


«Khum hai go schaffa»: Mit dieser Philosophie baute die Oblamatik ein Firmengebäude mit einzigartigen Arbeitsplätzen.

Zu Hause im Büro

Diese Philosophie ist im neuen Gebäude auch in der Infrastruktur ablesbar. Das heisst, zum einen wurden reine Arbeitsbereiche eingerichtet. Die Oblamatik baute dafür verglaste Einer- bis Viererbüros für die verschiedenen Abteilungen Innovation, Entwicklung, Produktion und Verkauf. Die Verglasung bietet Licht, Offenheit und Transparenz und gewährleis­tet in den geschlossenen Bereichen trotzdem die nötige Ruhe für konzentriertes Arbeiten. Ergänzt werden diese Arbeitsplätze mit open spaces für Sitzungen auf allen drei Etagen. Geschaffen wurden zum anderen aber auch Begegnungszonen für den Austausch zwischen den Mitarbeitenden. Dafür stehen eine Bibliothek mit Cheminée, eine Wohnung, eine grosse Küche oder auch Aussenbereiche für ungezwungene Treffen oder im Sommer auch einmal für ein Barbecue zur Verfügung. «Wir haben versucht, für jeden Charakter einen Ort zu schaffen, an dem er sich wohlfühlen und arbeiten kann, zugunsten von Kreativität und Innova­tion», erklärt Roland Obrist. Die Mitarbeitenden kommen darüber hinaus auch in den Genuss von weiteren Angeboten. Dazu gehören ein Fitnessraum mit Trainer, einmal pro Woche auf Anmeldung Massagen, ein Spielbereich mit unter anderem Billardtisch und Tischfussball oder auch ein Ruheraum. Zugänglich ist die gesamte Infrastruktur für die Mitarbeitenden rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche. Tatsächlich gebe es Leute, die inzwischen auch einmal an einem Sonntag im Kraftraum trainieren oder in der Bibliothek ein Buch lesen würden, erzählt Roland Obrist. Für das hauseigene Restaurant «Allegra» im Parterre wurde ein Spitzenkoch engagiert. Denn für ihn ist klar: «Die Mitarbeitenden müssen gut und gesund essen können.»


Grosszügig gestaltete Räume vermitteln Offenheit und gleichzeitig eine angenehme Arbeitsatmosphäre.

Als Leuchtturmprojekt ausgezeichnet

Bei der Umsetzung dieser visionären Idee seien auf der technischen Seite die Herausforderungen allerdings gross gewesen, erklärt Roland Obrist. Auch da war selbstredend die Innovation das Thema. Vieles, was Idee war, war noch gar nicht vorhanden und musste erst entwickelt werden. Roland Obrist sagt von sich selbst: «Ich bin ein Typ, der sagt, wir müssen es anders machen, anders als alle anderen. Dies folglich auch, wenn wir ein Gebäude planen. Denn auch damit wollen wir unsere Innovationskraft ausdrücken.» Planer, Ingenieure und Architekten waren entsprechend gefordert, um Lösungen für die Vorgaben zu finden. Mit Resultaten: Was die Energie anbelangt, versorgt sich das Gebäude über eine Nachtabkühlung, eine Betonkernaktivierung und Sonnenkollektoren selbst. «Wir brauchen praktisch keine Fremdenergie, sondern sind weitgehend autonom», erklärt Roland Obrist. Ist die Tagestiefsttemperatur erreicht, öffnen sich in den Räumen automatisch die Seitenfenster und die Türen. In 7,5 Minuten ist das Gebäude so durchlüftet. Lichtschalter sucht man im Gebäude vergebens. Das Licht schaltet sich über Sensoren genau da ein, wo jemand steht oder durchgeht. Um die technischen Anforderungen zu bewältigen, arbeitete die Oblamatik AG für die Simulationen auch mit der Hochschule Rapperswil zusammen. Auch diese Zusammenarbeit zahlte sich schliesslich aus. Für sein Projekt hat das Unternehmen in einer schweizweiten Pionierrolle das Leuchtturmprojekt des Bundesamtes für Energie gewonnen. Gebäudetechnisches Optimierungspotenzial gibt es trotzdem noch. So etwa bei der Gebäudeleittechnik, weil da laut Roland Obrist noch die entsprechenden Erfahrungen fehlen. Ebenso bei den drei Parametern Raumfeuchtigkeit, Sauerstoffgehalt und Raumtemperatur, die für jeden Bereich von den Mitarbeitenden pro Raum eingestellt werden können, sowie beim Gebäudeleitsystem. Roland Obrist ist aber zuversichtlich, auch da die optimalen Lösungen noch zu finden.


In der Materialität setzte das Unternehmen beim Bau auf Holz, Glas und Beton.Lichtdurchflutete Arbeitsräume und Begegnungsbereiche prägen das Gebäude.Lichtdurchflutete Arbeitsräume und Begegnungsbereiche prägen das Gebäude.

Attraktives Umfeld gegen Fachkräftemangel

Wichtig war der Oblamatik AG während des Baus die Vergabe der Aufträge. Dies in zweierlei Hinsicht. Einerseits legte Roland Obrist Wert darauf, dass zwischen den einzelnen Akteuren die Chemie stimmt. Bei jeder Vergabe war er als Bauherr denn auch selbst vor Ort anwesend. Zum anderen wurden 80 Prozent der Aufträge in der Region vergeben, «weil es extrem wichtig ist, dass Arbeit und damit die Wertschöpfung da bleiben».

Mit dem Neubau bekannte sich das im Jahr 1999 gegründete Unternehmen klar zum Standort Chur. «Rein emotional», erklärt Roland Obrist, «wirklich stichhaltige Gründe dazu gab es für uns als international tätiges Unternehmen eigentlich wenig. Vor allem auch bezüglich der Probleme von qualifizierten Mitarbeitenden, sprich des Fachkräftemangels im Kanton Graubünden.» Dem setzt die Oblamatik AG als Lehrbetrieb entgegen. Insgesamt neun Lernende bildet das Unternehmen aus. Einen im kaufmännischen Bereich, die anderen acht im Elektronikbereich. Ihnen steht ein eigener Ingenieur als Ausbildner zur Seite. «Wir müssen die Leute ausbilden, die wir hier auch brauchen, und unseren Teil dazu tun, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken», ist Roland Obrist überzeugt. Dass ihm gleichzeitig die Stärkung des Hochschulstandortes Graubünden ein grosses Anliegen ist, erklärt sich von selbst. Diesbezüglich arbeitet die Oblamatik AG in Kooperationen mit anderen Unternehmen eng mit dem Kanton zusammen. Und nicht zuletzt geht es darum, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen, um gut ausgebildeten Fachkräften attraktive Stellen zu bieten und Bündner Hochschulabgänger zurück in den Kanton zu holen. Eine hohe Arbeitsplatzqualität hat die Oblamatik AG mit dem neuen Gebäude nun innovativ umgesetzt. Jungen Ingenieuren sei dies als Bewerbungsgrund oft wichtiger als der Lohn, sagt der CEO. «Es passt also alles sehr gut. Die Grundphilosophie ‹Khum hai go schaffa› funktioniert perfekt», freut er sich – und fügt abschliessend an: «Und die Wünsche nach Homeoffice sind übrigens inzwischen auch vom Tisch.»


Mit einzigartigen Arbeitsplätzen will die Oblamatik hoch qualifizierte Mitarbeitende ins Boot holen.

Die Oblamatik AG mit Sitz in Chur gehört zu den internationalen Technologieführern im Bereich Trinkwasser­management. Das 65-köpfige Unternehmen entwickelt integrierte Lösungen für die Wasserkontrolle in privaten und gewerblichen Anwendungen. Die Lösungen reichen von intelligenten Endgeräten bis hin zu kompletten Wassermanagement-Systemen.

Die Vision des Unternehmens ist es, immer wieder neue Ansätze zu finden und den nächsten Innovationsschritt zu setzen. Deshalb liegt der Fokus klar auf Innovation, Forschung und Entwicklung. Oblamatik wurde als eine der 100 innovativsten Schweizer Firmen ausgezeichnet.

Die Oblamatik AG ist eine Tochterfirma der deutschen Unternehmensgruppe Viega, welche weltweit über 4000 Mitarbeitende an fünf Produktionsstätten beschäftigt. Viega ist Weltmarktführer für Installationstechnik.


Kennzahlen
Bauherr: Oblamatik AG, Chur
Baubeginn: September 2017
Fertigstellung: Juni 2019
Arbeitsplätze: Zurzeit 75, wird aufgestockt auf 100
Bürofläche: 6000 m2 (total 8000 m2)
Stockwerke: 4
Architekt/Ingenieur: Fanzun AG
Baukosten: CHF 28 Mio.