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SONDERPREIS GRAUBÜNDEN HOLZ 2018.

Anlässlich der FIUTSCHER, der Bündner Berufsausstellung für Aus- und Weiterbildung, wurden am 15. November in ?Chur die Preisträger für den Sonderpreis Graubünden Holz 2018 bekannt gegeben. Aus 54 Bündner Eingaben für den ?Prix Lignum 2018 hat eine unabhängige Jury nach intensiven Auseinandersetzungen mit den Werken, Besichtigungen ?vor Ort und umsichtigem Abwägen einen ersten, zweiten ?und dritten Rang sowie zwei Anerkennungen vergeben.


Text: Marietta Kobald

Bilder: Ralph Feiner; Rolf Canal; Lucia Degonda; Selena Raselli/Urbano Beti

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Der Sonderpreis Graubünden Holz 2018 ist eine ergänzende Ausschreibung zum Prix Lignum 2018 zur Förderung der Holz­anwendung und des Holzhandwerks im Kanton Graubünden. Er zeichnet herausragende Projekte aus und honoriert die Leistungen der Beteiligten. Ausgezeichnet wurden besonders hochwertige, zukunftsweisende und handwerklich überragende Projekte in Holz.


Rang 1 – Campadi Ogna Trun, Trun

Unterkünfte für den Gast waren für den Tourismuskanton Graubünden schon immer wichtig. In den letzten Jahren hat das Campieren stark zugenommen. Das Reisen mit Zelt, Wohnwagen oder Wohnmobil bietet vielen die Möglichkeit, relativ günstig Neues zu entdecken. Die Gemeinde Trun hat diesen Trend erkannt. Im Auenwald in der Nähe des Vorderrheins wurde ein Campingplatz über die Sommermonate betrieben. Damit dieser nun das ganze Jahr geöffnet werden kann, mussten ein neues Betriebsgebäude und ein Badehaus erstellt werden.

Den Ankommenden fällt sofort das prägnante Betriebsgebäude mit dem steilen Satteldach auf. Der Flachbau mit gedecktem Eingang auf der einen Seite und die Veranda auf der anderen Seite ergänzen das Betriebsgebäude zu einem harmonischen Ganzen. Der dunkel gestrichene Baukörper fügt sich gut in die Umgebung ein. Beim Restaurant unter dem Satteldach fällt die luftige Höhe des Speiseraumes auf. Die differenzierte Lichtführung trägt zu einem angenehmen Raumerlebnis bei. Auf einer Lichtung im Erlenwald steht das Badehaus, ein kubisches Gebäude auf einem Betonsockel mit flachem Dach. Die Nasszellen sind so an den Aussenwänden angeordnet, dass ein Innenhof entsteht. So wird ein behaglicher Bereich für die Gäste geschaffen.

Die Tragkonstruktion des Hauptgebäudes besteht aus einheimischem Massivholz, das in der Sägerei des ortsansässigen Holzbaubetriebes eingeschnitten wurde. Da heute immer mehr verleimtes Holz verwendet wird, fordert der Einsatz von nicht verleimtem Vollholz solides handwerkliches Können.

Der Innenraum des Restaurants wird durch die drei sichtbaren Massivholzbinder geprägt. Die Funktion und Form der sprengwerkartigen Binder betonen den hellen, hohen Raum. Stabdübel verbinden die Hölzer. Die sorgfältige Holzauswahl trägt dazu bei, dass fast keine Risse bei den Vollholzbalken sichtbar sind. Der Innenausbau ist vollständig mit Massivholz ausgekleidet. Der Boden und die Wand sind mit Nut und Kammbrettern ausgeführt. Die Decke besteht aus Parallelbrettern in verschiedenen Breiten und offenen Fugen. Damit ist eine gute Schallabsorption gewährleistet. Die Bänke und Tische aus Holz vervollständigen den Innenausbau.

Aufenthaltsräume in dieser Qualität sind gerade auf Campingplätzen wichtig. Nicht nur in regnerischen Zeiten schätzt der Gast angenehme Räume, die zum Verweilen einladen. Ferienerinnerungen und gute Beispiele von Holzbauten können dazu führen, dass Holz auch im Alltag vermehrt eingesetzt wird.


Architekt: Iso Huonder Architekten, Chur
Bauherrschaft: Campadi Trun SA, Trun
Holzarbeiten: Daniel Maissen SA, Rabius
Holzarbeiten: Tarcisi Maissen SA, Trun
Ingenieur: Walter Bieler AG, Bonaduz
Weitere: Simeon Baumanagement AG, Trun


Das Hauptgebäude des Campadi Ogna Trun sticht mit dem steilen Satteldach ins Auge und trägt mit der differenzierten Lichtführung  zu einem angenehmen Raumerlebnis bei. Das Hauptgebäude des Campadi Ogna Trun sticht mit dem steilen Satteldach ins Auge und trägt mit der differenzierten Lichtführung  zu einem angenehmen Raumerlebnis bei.

Rang 2 – Möbelkollektion Ramon Zangger, Samedan

Moderne trifft traditionelles Handwerk. Die neue Möbelkollektion mit einfachen und klaren Formen glänzt in ungewohnten Farben. Beim neugierigen Berühren spürt man die Struktur des Holzes. Die Linien der Möbel sind klar und einfach. Ein golden leuchtender Kubus mit spannenden Nischen weckt die Neugierde; ein blaues Möbel zeigt seine Arvenkanten; eine grünlich schimmernde Kommode steht einladend an der Wand.

Wenn der Erschaffer die Entstehung dieser Möbelkollektion erklärt, spürt man die Leidenschaft für das Arvenholz, für das Massivholz, für das Handwerk. Zangger wagt immer wieder Neues, verbunden mit der Philosophie, möglichst viel vom kostbaren Arvenholz zu nutzen. Der grosse Verschnitt durch Holzfehler, Äste und Splint schränkt aber dessen Verwendung erheblich ein. Als Ziel, diesen Verschnitt zu minimieren, entstand die Idee für die Möbelreihe «Vanzet», romanisch für «Reste». Farbige, hauchdünne Aluminiumpapiere liegen wie Blattgold auf der roh gesägten Oberfläche. Dass die Möbel aus Massivholz sind, zeigt sich an den Kanten und im Innern, wo das Holz fein verarbeitet und naturbelassen ist. Der unverwechselbare Duft der Arve bleibt erhalten.

Modernes mit traditionellem Handwerk zu kombinieren, noch mehr vom wertvollen Arvenholz zu nutzen, dazu auch gestalterisch und innovativ zu sein, gepaart mit Leidenschaft und unermüdlichen Innovationsgedanken. Das ist Ramon Zangger mit der Möbelkollektion «Vanzet» gelungen.

Projektträger: Ramon Zangger Möbelwerkstatt, Samedan


Das mit dünnen farbigen Aluminiumpapieren belegte Massivholz zeichnet Zanggers Möbelreihe «Vanzet» aus.

Rang 3 – Raiffeisen Arena Crap Gries, Schluein

Die Raiffeisen Arena Crap Gries in Schluein ist eine eindrückliche Repräsentantin dafür, was in einer Region durch Identifikation, Verwurzelung, Begeisterung, Ästhetik und Sport entstehen kann. Ein Sportclub begeistert mit seiner Vision alle umliegenden Gemeinden, die Bevölkerung, Sponsoren und die Politik für eine neue Arena – das hat Modell-Charakter.

Die Raiffeisen Arena Crap Gries hat nicht nur eine Tribüne mit Mannschaftsräumen und Nasszellen, sondern auch einen grossen Gemeinschaftsraum mit Küche, Buffet und Gastraum. Die Konstruktion des grossen Daches ist in einer formalen Einfachheit und Robustheit, handwerklich hochstehend und aus regionalen Ressourcen erschaffen worden. Die Säulen und Konsolen mit ihren kreuzweise geschichteten, horizontalen Sattelhölzern erinnern stark an die japanischen Dougong-Tempelkonsolen, welche in ihrer Robustheit und Erdbebensicherheit eine lange Lebensdauer garantieren.

Was in Tempeln geschnitzt und bemalt ist, ist in der Arena sehr formal, beinahe etwas archaisch umgesetzt – sägerohe Balken mit einem Markschnitt zur Verminderung von Trocknungsrissen. Die Mannschaftsräume und Nasszellen sind stilvoll mit hochwertigem Granit aus dem Safiental ausgekleidet, welcher mit seinen fast muschelartigen Einschlüssen eine wunderbare Optik verleiht. Der beheizte Gemeinschaftsraum hat eine hervorragende Akustik, welche durch eine sehr originelle und wellenförmige Deckenkonstruktion aus sägerohen Holzklötzen den Innenraum zusätzlich aufwertet. Die grosse Fensterfront ermöglicht die freie Sicht auf das Spielfeld, aber auch auf das ganze Tal. Der Bereich des Ausschankes ist ebenfalls mit Safien-Granit gebaut.

Der Materialreichtum der Gegend an Holz und Stein vereint sich mit dem Reichtum an Handwerkskunst zu einem Gemeinschaftswerk mit einer eindeutigen Bündner Identität. In vielen tausend Stunden Freiwilligenarbeit ist ein Begegnungsort entstanden, welcher weit über den Sport hinaus verbindet. Der offene und einladende Bau schafft mit seinen Innen- und Aussenräumen einen Treffpunkt für sportliche und kulturelle Anlässe und einen Ort des Austausches und der Geselligkeit.

Architekt: Krähenbühl Architekten Studio, Davos Platz/Ilanz
Bauherrschaft: US Schluein Ilanz (USSI) Fussballverein
Holzarbeiten: Coray Holzbau AG, Ilanz
Ingenieur: Walter Bieler AG, Bonaduz


Einfach, doch robust und mit regionalen Ressourcen  konstruiert – so zeigt sich die Raiffeisen Arena Crap Gries in  Schluein dem Fussballpublikum.

Anerkennung – Bergwaldzentrum und Jugendherberge «Mesaglina», Trin

Das Bergwaldprojekt hat sich mitten im Dorf Trin ein seinen Aufgaben und seiner Bedeutung angemessenes Zentrum geschaffen. Gujan + Pally Architekten AG aus Igis ist mit der substanz­erhaltenden Neukonzeption zweier ortsbildprägender Liegenschaften ein Umbau gelungen, der nicht nur die Raumbedürfnisse des Bergwaldprojektes optimal erfüllt, sondern zudem die Nutzung als Jugendherberge zulässt.

Nur mit kreativen Holzanwendungen sind solch komplexe Vor­haben realisierbar – und Architekten und Bauherrschaft haben die konstruktiven und gestalterischen Möglichkeiten von Holz ausgeschöpft. Circa 350 m3 Holz aus dem Trinser Wald wurden verbaut; Weisstanne, Fichte, Lärche, Esche und Eiche sind im Bau ihren Eigenschaften entsprechend eingesetzt worden. Tragende Konstruktionen, innere Wand- und Deckenverkleidungen bestehen aus Weisstanne und Fichte, Lärche erscheint bei Geländern und im Innenbereich, Eiche bei den Treppen und die Esche besonders raumgestalterisch im Fischgratmuster bei den Deckenverkleidungen.

Bemerkenswert ist die saubere handwerkliche Verarbeitung der Materialien durch örtliche Handwerker, die auch für die Herstellung der ebenso zweckmässigen wie formschönen Möblierung verantwortlich zeichnen.

Ein mit Zurückhaltung, aber kompetent umgesetztes Gesamt­konzept mit gescheiter Raumnutzung bis in den letzten Winkel, konsequente Qualitätssicherung und Nutzung einheimischer Ressourcen haben ein Musterbeispiel für zeitgemässe Holzarchitektur und Holzanwendung bei Umbauten entstehen lassen.

Architekten: Gujan + Pally Architekten AG, Igis
Bauherrschaft: Bergwaldprojekt, Trin
Holzarbeiten: Schreinerei Spescha AG, Rueun
Holzarbeiten: Gebrüder Lötscher AG, Jenins
Holzarbeiten: Cahenzli AG, Trin-Mulin
Ingenieur: Plácido Pérez Bauingenieure GmbH, Bonaduz
Weitere: Simeon Baumanagement AG, Trun


Ein Musterbeispiel für zeitgemässe Holzarchitektur und Holzanwendung bei Umbauten ist das Bergwaldzentrum und  Jugendherberge «Mesaglina» in Trin.

Anerkennung – Passerella Sotsassa, Poschiavo

Runchett – so wird die Terrassenlandschaft mit Trockenmauern im Val Poschiavo genannt. 2017 wurde der Bergwanderweg Runchett da Sotsassa oberhalb von Poschiavo fertiggestellt. Die filigrane Holzbrücke Passerella Sotsassa verdient durch ihre Schlichtheit und Funktionalität eine Anerkennung.

Die überdachte Holzbrücke ist 18 Meter lang. Vertikale Fachwerkträger bilden das tragende Element der Brücke. Gleichzeitig dienen diese als offene Wand, in der das Geländer eingearbeitet ist. Die horizontalen Fachwerkträger dienen zur Queraus­steifung, tragen Boden und Dach. Das verwendete Fichten- und Lärchenholz stammt grösstenteils aus dem Val Poschiavo.

Das Konzept und die Machbarkeit im Handwerksbetrieb überzeugen und eignen sich zur Vervielfältigung. Die vorgefertigte Brücke wurde mit dem Helikopter an ihren Standort transportiert. Die sich aus der Aufgabe stellenden Anforderungen wurden vom Architekten, Holzbauer und Ingenieur sehr ansprechend gelöst. Ein Gang über die Brücke lohnt sich in jedem Fall.


Bauherrschaft: Comune di Poschiavo, Poschiavo
Ingenieur: J. A. Könz s. c. r. l., Zernez
Holzarbeiten: ZACO sagl, San Carlo
Weitere: Impresa costruzioni, Li Curt


Die überdachte Passerella Sotsassa mit den vertikalen Fachwerkträgern überzeugt durch ihre Schlichtheit.

Jurymitglieder

– Alessandro Della Vedova, Präsident Graubünden Holz (Jurypräsident)
– Felix Hunger, Hunger Holzbau, Safien
– Adrian Schläpfer, dipl. Zimmerpolier
– Marco Caviezel, dipl. Schreinermeister, Fachvorsteher Schreiner ibW Chur
– Bruno Untersander, Architekt FH und dipl. Zimmermeister, Bad Ragaz
– Thomas Rohner, Professor für Holzbau und BIM
– Silvia Kessler, Redaktorin Bündner Tagblatt

Jurybegleitung/Projektleiter

– Christian Felix, Geschäftsführer Graubünden Holz


Die Bewertungskriterien

– Handwerklicher, qualitativer Ausführungsstandard
– Innovation und technologischer Fortschritt
– Vorbildwirkung, Wiederholbarkeit
– Form, Gestaltung und Konstruktion
– Nachhaltiger Einsatz heimischer Hölzer