Abos!

HOCHSITZ ÜBER DEM RHEINTAL.

Wohnen in Says war schon immer der Traum. Nach dem Kauf und der Restauration eines alten Walserhauses hoch über Trimmis ist der Wunsch von Roman und Nadja Hug in Erfüllung gegangen.


Text: Maya Höneisen

Bilder: m2fel.ch

Zurück zur Übersicht

Haus, Stall, Waschhaus: ein klassisches Ensemble alter Walser Baukultur. Für Roman und Nadja Hug ist es zum kleinen Paradies geworden. «Ich bin in Trimmis aufgewachsen und hatte seit meiner Kindheit einen starken Bezug zu Says», erklärt der Architekt Roman Hug. Lange hätten sie nach einer passenden Möglichkeit für ihren Wohntraum im kleinen dreigeteilten Weiler oberhalb Trimmis gesucht. Per Zufall habe sich dann die Chance ergeben, erzählt er weiter. Eine Erben­gemeinschaft suchte einen Käufer für ein Ensemble in Valtanna. Nadja und Roman zögerten nicht lange. Sie schlossen sich mit Bekannten zusammen – heute ihre Nachbarn – und reichten für die ganze Parzelle mit den drei Gebäuden ihr Kaufgesuch ein. «Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, wer später nach den Umbauten ins Haus respektive in den Stall einziehen würde», erklärt Roman Hug. Heute, vier Jahre nach dem Kauf, wohnen Nadja, die als
gebürtige Unterengadinerin nach Says zog, in ihrem sorgfältig restaurierten alten Walserhaus.


Möglichst wenige Eingriffe

Beide, Nadja und Roman Hug, hatten schon immer eine grosse Affinität zu historischem Baubestand. Es war deshalb für sie auch keine Frage, das Haus auf den Stand von 1730 und seine Urstruktur zurückzubauen und es so restauriert wieder bewohnbar zu machen. Wichtig war, die alte Raum­einteilung und die liegende Struktur der Fassade beizubehalten, so dass von aussen her die Restaurierung erst bei
näherer Betrachtung wahrgenommen würde. «Wir haben im ganzen Haus so gearbeitet», erklärt er weiter. «Auch die Fensterelemente sind fast die gleichen geblieben. Nur beschädigte Elemente haben wir durch neue ersetzt.» Um Sonnenlicht, das der danebenliegende Stall wegnahm, zu gewinnen, wurde als Ergänzung an die alte Substanz ein Anbau gegen Südwesten errichtet. Die Aussenwand des ursprünglichen Hauses wurde integriert und trennt heute Küche und Wohn-/Essbereich. Die ehemaligen Fenster­öffnungen von Küche zu Anbau wurden ausgespart. Eine ist zum Durchgang geworden. Ein Cheminée mit einer genügend grossen Speichermasse spendet in den Übergangszeiten wohlige Wärme in diesem nun lichten, zurückhaltend gestalteten Raum und der danebenliegenden neuen Küche mit der frei stehenden Kochinsel. Der Kamin des Cheminées reicht ins erste Obergeschoss und temperiert auch die Schlafräume. Für genügend Wärme im Winter sorgt eine Wärmepumpe mit Heizsonde. Die eingesetzte Fensterfront im Anbau bietet eine grandiose Aussicht ins Tal. Vor der Sonneneinstrahlung schützen Stoffmarkisen und Vorhänge. Der Anbau gab gleichzeitig die Möglichkeit für eine darunter liegende Garage.


Der neu eingesetzte Treppenaufgang verbindet Parterre und erstes Obergeschoss.Die Längsfassade mit der neu interpretierten horizontalen Holzschalung.Walserhaus in Says

Bautechnische Kompromisse waren nötig

Reibungslos lief der Umbau nicht. Historische Häuser bereiten bei Umbauten und Restaurationen immer wieder Überraschungen. «Vieles kam zum Vorschein, das wir ersetzen mussten. Entscheidende Stellen mussten unterfangen werden. Da waren manchmal schon grosse Kompromisse nötig», erzählt Roman Hug. Inklusive der Unterkellerung waren innerhalb des neuen Ausbaus vier Geschosse zu realisieren: Dachgeschoss, Parterre, Keller mit Technik und zuunterst unter dem Anbau die Garage. Als Beispiel der grossen Herausforderungen nennt Roman Hug die Bruchsteinmauern im Keller. Die 1,60 Meter dicken Mauern reichen nicht sehr tief ins Erdreich hinein. Sie mussten deshalb teilweise gestützt und unterfangen werden. Eine geplante Nasszelle musste wieder gestrichen werden, weil die Struktur des Hauses sie nicht zuliess. Dafür konnte eine andere vergrössert werden. «Die Raumeinteilung war vorgegeben und wir wollten sie unbedingt beibehalten. Das gab immer wieder Anpassungen in der Planung», meint Roman Hug dazu. Altes Holz wurde möglichst gereinigt und von alten Sanierungen befreit. Was als Ersatz für beschädigtes Holz dazukam, wurde in gebleichter, astfreier Weisstanne konstruiert. Damit wurde die Abgrenzung zwischen alt und neu klar ersichtlich. Alle anderen neuen Eingriffe sind mit dunklem Metall gelöst. So zum Beispiel Installationen wie Schalterplatten, Durchgänge oder auch die Einfassung der Hauseingänge. Eine alte Feuerstelle aus dem historischen Bau von 1730, die nicht mehr zu restaurieren war, wurde verputzt.


Das Schlafzimmer in Says. Modern und historisch: eine gelungene Kombination in der Küche.

Überraschung hinter dem Täfer

Prioritär entscheidend waren für Roman und Nadja Hug immer das alte Holz und die Urstruktur des Hauses. «Ein grosser Vorteil war, dass bei Renovationen, die im Laufe der Zeit gemacht worden waren, immer darübersaniert und selten in die alte Struktur eingegriffen wurde. Dadurch haben wir fast alles so vorgefunden, wie es ursprünglich war. Wir mussten nur die verschiedenen Schichten wieder herauslösen», sagt Roman Hug. «Dies natürlich immer mit dem Überraschungseffekt, nicht zu wissen, was dahinter ist.» So war es zum Beispiel beim Täfer. Dahinter entdeckten Roman und Nadja Hug alte Strickwände. Restauriert geben sie dem Innenleben des Hauses nun einen ganz eigenen Charme und erinnern an die alte Walserkultur und das damalige einfache Leben in den Strickbauten. Geholfen haben dem Haus auch die Fassaden, eine Holzschalung gegen Süden und eine Eternitschalung gegen Norden. Sie haben vor Wettereinflüssen geschützt. Heute sind es in der ursprünglich liegenden Struktur dunkel gehaltene Holzfassaden. Gedämmt wurde das Haus mit Steinwolle.


Dem Ortsbild angepasst

Eine weitere Herausforderung waren die Böden. Im Obergeschoss konnten die alten Riemen-Böden mit teilweise bis zu acht Zentimeter dicken Riemen erhalten werden. Ein neu geöffneter Treppenaufgang verbindet Parterre und erstes Obergeschoss. Darunter dient ein eingesetzter Kubus in dunklem Metall als Stauraum.

Wichtig war dem Architekten auch, dass das Haus ins Ortsbild passt. «Ursprünglich war es vermutlich mit Schindeln eingedeckt», erklärt Roman Hug. Er hat sich für eine Blecheindeckung entschieden, die in der Hangterrasse auch von dem oberen Weiler Says her unauffällig wirkt.

Rund drei Jahre an Zeit haben Roman und Nadja Hug in die Restauration ihres Walserhauses gesteckt. Eine Zeit, die sie mit grossen Herausforderungen, aber auch mit viel Freude verbinden. Dieses Endresultat wäre ohne die sorgfältige Unterstützung eines jeden Handwerkers nie möglich gewesen. Die Auseinandersetzung mit dieser uralten Substanz an diesem speziellen Ort in Valtanna sei sehr spannend gewesen, sind sich beide einig. «Wir fühlen uns sehr wohl hier und geniessen die Lebensqualität dieses Hauses, die Aussicht und vor allem die Ruhe sehr.»


Eingang mit der Originaltüre von 1730.

Baubeginn: 2017
Bezug: 2019
Wohnfläche: 210 m2
Kubatur: 1420 m3
Stockwerke: vier
Heizung: Wärmepumpe mit Heizsonde
Architekten: Claudio Engi und Roman Hug, BHP Architekten AG, Maienfeld