Abos!

STRASSE DER GESCHICHTEN.

viamalastorys.ch – das ist das neu gegründete Unternehmen des Teams rund um Martin Gerber von der Viamala Sportwerkstatt. Auf dem unteren Rosabüel in Thusis entsteht ein dreistöckiges Gebäude, das sich in die Landschaft einbettet und nur mit dem obersten Stock über die jetzige Geländekante ragt.


Text: Fridolin Jakober 

Bilder: Albertin Architekten; Martin Gerber

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Thusis hat Geschichte. Darf man den Felszeichnungen von Carschenna glauben, so haben sich schon in der Steinzeit die Jäger hier erzählt, wie man durch die Schlucht zu den Quellen des Hinterrheins oder über die Alpen ans Meer kommt. Zu Zeiten der Römer und im Mittelalter war die Via Mala dieser schlechte Weg, wo oft nur Beten half, wenn man ihn mit seinen Saumtieren sicher queren wollte. Später dann war hier die Grenze zwischen Schams und Domleschg mit unterschiedlichen Sperrstunden. Auf Übernolla steht noch das Tanzlokal, in dem Weib und Mann sich vergnügten, wenn im Dorf Thusis selbst schon Sperrstunde war. Hier – genauer auf dem geschichtsträchtigen Rosabüel – entsteht das Projekt viamalastorys.ch auf drei Stockwerken in zwei verbundenen Gebäuden an einem Wanderweg. Von hier starten die Bike- und die Mountainbike-Routen.

Etwas anders

Als Martin Gerber vor zehn Jahren zusammen mit seinen Mitgründern den Businessplan für die Viamala Sportwerkstatt erstellte, pendelte er noch von Bonaduz nach Bern, um sein Brot zu verdienen. Inzwischen hat Gerber sich zum Spezialisten für neue Arbeitsformen und zum Unternehmer weiterentwickelt – und auch die Sportwerkstatt soll diver­sifizierter werden. Der Plan, den er ausrollt, zeigt den Grundriss eines Gebäudes mit drei Teilen: Richtung Beverin ein mehreckiges, dreistöckiges Gebäude mit Zimmern, die sich zu Appartements verbinden lassen, auf der Seite Richtung Hohenrätien und Autobahn ein ebenso hohes Gebäude, wo im untersten Geschoss die Sportwerkstatt Platz findet. In den oberen beiden Geschossen sind Räume für Co-Working und Kurse geplant. Verbunden werden sie mit einem zweistöckigen Trakt mit Balkon, der die Aussicht nach Thusis bietet, und einem Lounge-, Bar- und Essbereich – wo man sich trifft unter Bikern und Businessleuten.

Neben dem künftigen Bauplatz stehen wir in einer Remise, wo – als temporärer Arbeitsplatz – ein Rollpult aus mitteldichter Faserplatte steht. Darauf ein kleiner Holzklotz mit einem Smiley und der Botschaft: «Bitte stehenlassen, Martins Pult!» Martin arbeitet hier, man könne auch einen Glaskubus reinstellen, als bewegliches Büro, die Remise soll also bleiben. «Das Erlebnis ist ein zentrales Element», erklärt er die Philosophie der Sportwerkstatt. «Wir wollten kein ein­engendes Sportgeschäft, wo die Kundinnen und Kunden nur hingehen, um etwas zu kaufen. Bei uns sollen sie ver­weilen, in einer Lounge etwas trinken, Events und Konzerte besuchen.» Biken nicht als Feierabendsport oder touristische Attraktion – Velofahren als Lebensentwurf. Die Werkstatt war modular gebaut, so dass Vereine hier ihre Events durchführen können, ein Ort, wo Bands auftreten.


Die attraktive Aussicht der Gäste aufs Dorf Thusis.Drohnenaufnahmen des Baugrundstücks.Drohnenaufnahmen des Baugrundstücks.

Was haften bleibt

Damit hat Gerber schon das Marketing-Konzept umrissen: Gäste ansprechen, die auf den grossen Radrouten unterwegs sind und die hier vorbeikommen, Gruppen, die zusammen etwas erleben. «Wir wollen mit den Leuten unterwegs sein, sie sollen erleben, was Mountainbike ist. Denn es sind die Erlebnisse und die Geschichten darüber, die in Erinnerung bleiben. Sie bleiben haften und diese Geschichten werden von den Kundinnen und Kunden auch weite­r­erzählt.» Die Viamala schreibt die Storys. So arbeitet die Viamala Sportwerkstatt schon jetzt nicht einfach nur im Raum Thusis: «Wir sind mit unserem Anhänger im ganzen Kanton, wir vernetzen die Regionen, so dass der Gast das Erlebnis Graubünden bekommt. So ist der Fahrer des Bike-Shuttles manchmal ebenfalls der Koch. Und wenn die Kunden von der Tour zurückkommen, wartet auch mal ein Topf mit Pasta auf sie. Ein Erlebnis, das sie weitererzählen, das versuchen wir ihnen zu bieten.» Einer der Partner ist das Trailcenter in Thusis, es liegt – sozu­sagen wie die Gemeinde selbst – in der Mitte. Thusis in der Mitte zwischen Unterland und Engadin, das Trailcenter zwischen Alltagsvelofahrer aus dem Mittelland und dem anspruchsvollen Trail im Gebirge. «Hier können unsere Kundinnen und Kunden das Bike auch mal ausprobieren, bevor sie kaufen.»


Durchstarten

Heute sind Homeoffice und digitale Nomaden in aller Munde, wer kann, arbeitet gerne von Graubünden aus – daheim in der schönen Natur und zugleich digital immer am Puls des Arbeitsplatzes. Doch bereits vor der Corona-Pandemie begannen Martin Gerber und die anderen Initiantinnen und Initianten, über neue Formen des Arbeitens und Lebens nachzudenken, als Antwort auf die Frage: Wie sollen wir die Sportwerkstatt weiterentwickeln? «Wir starteten die Sportwerkstatt Viamala als No-names, aber inzwischen haben wir uns weit über die Region hinaus einen Namen gemacht. Unsere Frage lautet: Wie können wir unser Angebot differenzieren? Denn inzwischen gibt es einige, welche ebenfalls Biken als Erlebnis anbieten. Und wir wollten sowohl die Zielgruppen wie auch die Marktregion erweitern.» Das Resultat davon ist das Projekt viamalastorys.ch. «Wir haben Engländer hier, Amerikaner», sagt Martin, «wir haben in England Angebote platziert. Aber wie sollen wir uns weiterent­wickeln? Wie gestalten wir die Arbeitswelt der Zukunft? Darüber begann ich schon vor vier Jahren nachzudenken. Wir haben Gruppen, die hierherkommen, und einige Biker daraus nehmen etwas von ihrer Arbeit mit. Sie machen vor einer Tour noch Online-Meetings, klären abends noch etwas per Mail. Also wollen wir ihnen hier noch mehr Platz bieten, damit sie nicht nur biken, sondern auch fokussiert arbeiten können.»


Business-Teams als neue Kunden

Im neuen Gebäude sollen die Bikerinnen auch übernachten. «Wir sind schon jetzt mit Hotels vernetzt, aber damit werden wir den Nutzen für uns und die ganze Region steigern. Wenn man nämlich bei uns arbeiten und übernachten kann, können wir eine neue Kundengruppe ansprechen: Business-Teams.» Der Begriff dazu lautet: Workation – die Verschmelzung von Ferien und Arbeit. «Bereits jetzt organisiere ich etwa Strategie-Workshops. Natürlich wollen wir in Zukunft noch mehr Teams ansprechen und ihnen Workation anbieten.» Dazu gehört ein gesamtes Paket mit einem Programm auf dem Bike, mit Wandern, aber auch mit Workshops in der Natur. Das Ziel ist, die Marktregion zu vergrössern und in der gesamten Schweiz Geschäftskunden anzusprechen. Die kommen dann nach Thusis zum Arbeiten, Übernachten. Sie können von hier aus Biketouren machen, sie finden die nötigte Infrastruktur fürs Co-Working, Meetingräume und Kursräume, etwa für Ateliers oder Yoga. «Das von Albertin Architekten geplante Gebäude adressiert diese Themen. Wir wollen Teams von bis zu zwölf Leuten ansprechen, hier einen Event zu machen.» Auch Businesswelt und lokale Leistungsträger sollen sich treffen und aktuelle Themen austauschen.


Übernachtungs- und Arbeitsort* für digitale Nomaden. *Pläne und Visualisierungen sind noch nicht ganz final: Farben und Fassaden können sich allenfalls noch ändern.Übernachtungs- und Arbeitsort* für digitale Nomaden. *Pläne und Visualisierungen sind noch nicht ganz final: Farben und Fassaden können sich allenfalls noch ändern.

New-Work-Ansatz

«So fühlt sich der Gast zu Hause, Arbeits- und Freizeitwelt verschmelzen. Die Viamalastorys basieren auf dem New-Work-Ansatz und schaffen ein Mindset für neue Arbeitsformen. Wir wollen Firmen ansprechen, die den Sinn hinter der Arbeit sehen, wo es nicht um reines Management by Objectives geht. Sie sind bereit, in die Arbeit Freizeitangebote einzubauen.» Bei diesem Resonanztourismus kommt der Tourist nicht einfach an den Ort, macht ein paar Bilder, geniesst die Landschaft und reist wieder ab. «Er kann und soll in Beziehung treten zu den Menschen, die hier in Thusis leben. So kann der Tourist eine Entwicklung durchmachen – das ist der Gast, den wir ansprechen möchten.» Gerber und sein Team sorgen dafür, dass Gäste und Einwohner in einen Austausch kommen. Bereits jetzt kommen Kunden mittags in die Werkstatt, bringen Essen mit – man setzt sich zusammen: «Da entsteht eine Dynamik.» Seit der Planung der viamalastorys.ch konnten sie schon viele potentielle Kunden identifizieren und begeistern. Nun gilt es noch, die finanzielle Lücke zu schliessen, bevor es gemäss Plan im 2022 losgehen kann.


viamalastorys verschmelzen Arbeits- und Freizeitwelt.

«Das Grösste, was ein Biker erleben kann!»

(Kundenzitat)

 


Mit dieser Absicht gründeten Matthias Nidecker, Johannes Nidecker und Martin Gerber 2011 das Unternehmen «Viamala Sportwerkstatt GmbH» in Thusis GR. Dieses ist seitdem längst ausgewachsen und erfreut sich zwischenzeitlich einer grossen Zahl begeisterter Gäste und Fans. Die Vision: «Beste Mountainbike-Erlebnisse in Graubünden und sogar über die Landesgrenzen hinaus» zu kreieren, spornt sie weiterhin an. Die Gäste werden über die schönsten Trails des Kantons begleitet und erhalten mit Transport, Übernachtungen und Kulinarischem in ausgewählten Mountainbike-Hotels samt Guide gesamtheitliche und unvergessliche Erlebnisse. Im Winter erweitert Ski-Service und Vermietung die Dienstleistungen. Das Team setzt gerne auch sonst neue Impulse. Sei es im Verein Bündner Bike Guides, im regionalen Mountainbike-Verein «bike-viamala» oder als Mitinitiator des «Trailcenter Thusis» und neu nun eben zu sechst mit der viamalastorys.ch AG.

Mehr Informationen: www.viamalastorys.ch


Das Team der neu gegründeten viamalastorys.ch AG (v.l.n.r.): Johannes Nidecker, Franziska Ringli, Matthias Nidecker, Flurina Marugg, Annina Gerber-Nidecker, Martin Gerber