Geheimnisumwitterte Sagen von Hexen und Geistern locken Kenner noch heute ins scheinbar abgelegene Hochtal. Doch eine «Sackgasse», wie es einen die Strassenkarte glauben macht, ist das Avers keineswegs. Ehemals fanden geschäftstüchtige Säumer und heute kundige Wanderer den Weg von Juf über den Stallerberg ins Oberhalbstein, durchs Val Madris, oder über den Septimerpass oder die Forcellina ins Bergell. Frühmittelalterliche Besiedlungsspuren sind nachgewiesen. In unseren Tagen bringt einen auf gut ausgebauter Strasse das Postauto sommers und winters bis ans Talende. Auch wenn die Romantik des Einfeuerns mit getrocknetem Schafs- oder Kuhmist modernen Ölheizungen gewichen ist, wenn Geranien in Kunststoffkübeln wuchern oder als Holz getarnte Plastiktischtücher einheimisches Flair simulieren und Bausünden auch im Avers nicht zu übersehen sind – eine aussergewöhnliche Anziehung, im Tal zu verweilen oder eben gar sich hier niederzulassen, bleibt. Das empfand auch die Bauherrschaft, wenn auch vielleicht nicht auf den ersten Blick. Doch das Avers und ganz besonders das alte Walserhaus in Avers Juppa – auch ohne es je von innen gesehen zu haben – liess das Ehepaar nicht mehr los. Im «Glücksjahr» (Zitat) 2011 konnten sie es kaufen, Haus und Stall und Garten. Ausräumen, messen und planen waren die nächsten Schritte. Architekt Alfred Candrian aus Sagogn trat auf den Plan und mit ihm ein fundierter Kenner und leidenschaftlicher Kämpfer für die Erhaltung alter Bausubstanz. Sobald der Schnee anfing zu schmelzen, begannen die Aussenarbeiten, sanft, respektvoll und behutsam. Das Ziel war, im Winter mit dem Innenausbau weitermachen zu können. Als gewiefter Fachmann weiss Candrian, was erhaltenswert ist, er wägt weise ab, welche Eingriffe zu verantworten sind, um die Ansprüche moderner Wohnkultur zu gewährleisten und dennoch den Charme und die Authentizität eines historischen Gebäudes zu erhalten. Begeisterungsfähigkeit für das Objekt, Mut, Respekt und Vertrauen zwischen Bauherrschaft und Architekten sind unerlässlich. Doch in Juppa braucht es noch mehr.